Entstehung und Idee

Hier möchten wir Ihnen einen kleinen Überblick über die Entstehungsgeschichte geben und die Idee des Borderline Netzwerk e.V., unsere Grundgedanken, vorstellen.

März 2003 DBT Forum
von Sassa und thora
Dezember 2003 Projekt "Borderline Netzwerk"
März 2005 Vereinseintragung

Interview mit Sassa und thora
- Gründerinnen der Idee "Borderline-Netzwerk" –

(beide mittlerweile ausgeschieden aus dem Vorstand)
Stand: Oktober 2006

Das Borderline-Netzwerk e.V. gibt es nun über ein Jahr, die Idee des Netzwerkes schön länger. Wie fing alles an?

Sassa: Es fing alles damit an, dass wir uns bei einer anderen großen Internetplattform kennen gelernt haben. Wir waren beide „DBT-verrückt“, hatten aber dort nicht genügend Austauschmöglichkeiten. So entstand Anfang des Jahres 2003 ein kleines DBT-Forum.

Thora: Wir hatten vor Ort keine Möglichkeit, eine Skills Gruppe zu besuchen, so haben wir online die Themen des Manuals bearbeitet, uns ausgetauscht und gegenseitig motiviert.
Ende des Jahres haben wir beschlossen, das Projekt: Borderline-Netzwerk zu machen, da wir mit unserem kleinen DBT Forum recht wenige Menschen erreicht haben, und uns auch klar wurde, dass wir andere, Borderline relevante Themen in unser Austauschangebot mit aufnehmen sollten/wollten.
Seit über einem Jahr sind wir eingetragener Verein und unsere Angebote und Aufgaben gehen weit über den online Austausch hinaus.

Ihr beide seid von Anfang an dabei. Was ist das für ein Gefühl zu sehen, was sich da entwickelt hat? Von den Anfängen bis Jetzt?

Sassa: Ich glaube, keine von uns hat gedacht, dass wir uns so schnell so groß entwickeln mit den ganzen Projekten, die wir jetzt dabei haben.
Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, dass wir einige Borderline-Betroffenen erreicht haben und auch unsere Angebote genutzt werden.

Thora: Was mich am Glücklichsten macht ist die Erfahrung, dass dieses Netzwerk wirklich greift. In der Realität und online. Dass sich persönliche Kontakte entwickelt haben.
Ich bin nach wie vor von der Idee überzeugt und stehe mit ganz viel Idealismus dahinter. Es ist einfach klasse, wie viele sich in den letzten Jahren mit für die Netzwerk Idee begeistern konnten und aktiv am „vernetzen“ mithelfen. Es ist toll, zu sehen, wie viele Menschen Teile von sich selbst hier einbringen, damit das Netzwerk wachsen kann.
Und was ganz wichtig ist – ich fühle mich dort ein Stück zu Hause.

Warum habt ihr euch die DBT zum Schwerpunkt im Verein gewählt? Was verbindet ihr damit? (Für euch persönlich und/oder bezogen auf das Borderline-Netzwerk e.V.)

Sassa: Die DBT ist für mich eine Art „Lebensstil“ . Es ist ein Weg, um mit Borderline leben zu können. DBT ist keine Therapie, sondern sie muss gelebt werden – jeden Tag. Und ganz nach dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark“ ist die DBT einfach etwas, was sich im Selbsthilfebereich optimal umsetzen lässt. Das gemeinsame „dran bleiben“ motiviert und hilft dabei, achtsam zu bleiben.
Andererseits lässt die DBT unheimlich viel Spielraum für Weiterentwicklung. Wir können aus der Selbsthilfe heraus, über die Wünsche und Bedürfnisse von uns Betroffenen helfen, diese Therapieform zu optimieren und weiterzuentwickeln.

Thora: Für mich persönlich verbinde ich die DBT damit, dass sich dadurch mein Leben verändert hat, seit ich sie kennen gelernt habe. Es ist eine andere Art der Lebensform, die mir von Anfang an gut geholfen hat, mit der ich auch was anfangen konnte.

Wir sind beide überzeugt von der DBT und möchten das an so viele wie möglich weitergeben.

Der Borderline-Netzwerk e.V. ist eine deutschlandweite (teilweise europaweite) Selbsthilfeorganisation, ein Selbsthilfeverein.
Welche Rolle spielt Selbsthilfe für euch? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht, aus Sicht Betroffener und inzwischen auch aus „professioneller“ Perspektive?

Sassa: Für mich spielt die Selbsthilfe eine große Rolle. Man hat Austausch mit Menschen, die einen verstehen, die wissen, von was ich rede und ich weiß, wovon sie reden. Es ist ein Verständnis da, das es nur unter Betroffenen geben kann. Wobei man natürlich auch klar sagen muss, dass die Selbsthilfe keine Therapie ersetzen kann und will. Sie ist ergänzend da.
Ich mache den Unterschied nicht zwischen Betroffener u. „professioneller“ Perspektive. Weil ich einfach Betroffene bin und niemals eine „Professionelle“ sein werde.

Thora: Ich hab es weiter vorn schon gesagt, dass die Selbsthilfe für mich auch etwas ist, was ich „erfahre“, was verbindet, was motiviert.
Aus „professioneller Sicht“ ist die Selbsthilfe sicher ein Medium, das unterstützend und begleitend zu Therapien stattfinden kann, und vor allem in Therapiepausen ein Gefühl von Stabilität vermitteln kann und das weiter „an sich arbeiten“, sich mit sich auseinandersetzen unterstützt.

Insgesamt ist das Thema Borderline, die Krankheit, ein sehr Kräfte zehrendes Thema, für die Betroffenen selbst; für Experten, Ärzte und Therapeuten sowie die Angehörigen, die Arbeit daran und damit. Ihr seid selber Betroffene und leistet gleichzeitig etwas für andere Betroffene. Was motiviert euch daran? Und wie schafft ihr eine Abgrenzung? Ist das schwer?

Sassa: Borderline ist glaub ich für jeden etwas anstrengend. Für einen selber mal mehr, mal weniger, je nach Stimmung. Ich sehe es nicht so, dass ich was für Andere leiste, es ist so was wie Geben und Nehmen. Ich habe hier gelernt, mich abzugrenzen, weil ich anfangs wirklich mit jedem mitgelitten habe. Das ist auf Dauer nicht praktizierbar. Inzwischen versuche ich eher, den Menschen was Hilfreiches zu sagen, anstatt in deren Leid zu versinken. Mich motiviert einfach, dass ich gerade mit der DBT so viele gute Erfahrungen gemacht habe, dass ich diese gerne weitergeben möchte.

Thora: Was mich motiviert ist zum einen eine sehr simple und moralische Geschichte. Ich hab soviel Hilfe in meinem Leben bekommen, und das ist ein guter Weg, dies zurückzugeben.
Zum anderen ist halt unheimlich viel Idealismus dabei. Der unbedingte Glaube an den Netzwerk Gedanken und sicherlich auch der Wunsch, diese Erfahrungen nicht „umsonst“ gemacht zu haben. Etwas von dem weiterzugeben, dabei zu helfen, dass es andere nicht ganz so schwer haben. Es kann noch so viel gemacht werden, und es muss noch so viel gemacht werden. Was ich dazu beitragen kann, werde ich tun.
Abgrenzung ist ein großes Thema. Aber dank der Erfahrung und der Unterstützung von Experten und Supervisoren haben wir Wege gefunden. Nicht zuletzt auch dank der DBT, die in dem Modell der Effektivitäten und Prioritäten hier ganz klare Antworten gibt. Abgrenzung ist IMMER ein Thema bei Borderline, und wenn wir die Skills und die DBT auch innerhalb des Teams und an uns selber anwenden klappt das meist recht gut. Und wir sind nicht allein, wir haben einander. Achtsamkeit für uns selber und füreinander gehen Hand in Hand.

Der Borderline-Netzwerk e.V. versteht sich ja als ein weitreichender Verein, der sich Vernetzung zur Aufgabe gemacht hat. Dafür ist eine Zusammenarbeit mit verschiedenen Experten – mit Ärzten, Therapeuten, Kliniken und anderen Vereinen, Verbänden sowie dem Gesundheitswesen an sich notwenig.
Wie wichtig ist euch diese Zusammenarbeit? Wie gestaltet sie sich bereits? Und was würdet ihr euch für die Zukunft noch von dieser Zusammenarbeit wünschen?

Sassa: Die Zusammenarbeit halte ich für außerordentlich wichtig. Wir wollten ja immer ein großes Netzwerk sein. Nur leider mussten wir feststellen, dass die Zusammenarbeit von anderen Selbsthilfeprojekten nicht gewünscht ist.
Die Zusammenarbeit mit unseren Experten, funktioniert meist sehr gut. Sie stehen uns beratend zur Seite und sind auch erreichbar für uns, besonders in Krisen.
Wir versuchen seit einiger Zeit mehr an die Öffentlichkeit zu gehen.
Wir wünschen uns mehr Zusammenarbeit zwischen anderen Selbsthilfe-Organisationen wünschen und zwischen weiteren Experten, die uns oft nicht so gerne sehen und nicht „für voll“ nehmen.

Thora: Derzeit arbeiten wir eng mit dem Dachverband der DBT und Dr. Armbrust (Klinik Bad Bramstedt) zusammen, sowie mit Herr Gunia (Darmstadt), Herr Votsmeier – Röhr (Grönenbach) und dem Borderline-Netzwerk Berlin Brandenburg über Dr. Stieglmayr.
Diese Zusammenarbeit garantiert zum einen die Qualität der Informationen, die wir nach außen geben, was ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst. Hierzu gehört in erster Linie der Besuch des Dachverbandstreffens jedes Jahr, um „Up to date“ zu sein, was Zahlen, Entwicklung und Forschung angeht. Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Experten die Chance erkennen, die in der Zusammenarbeit mit Betroffenen steckt. Denn Borderline verändert sich. Die Bedürfnisse verändern sich. Und wer könnte das deutlicher und treffender formulieren, als die Betroffenen selbst.
Sassa und ich sind so ne Art „erste Generation DBT Therapierter“,
Wir wünschen uns, dass uns die Experten ernst nehmen, uns nach unserer Meinung, nach unserer Erfahrung und den Bedürfnissen fragen.
Durch unsere Erfahrungen aus über 3 Jahren online Skills Gruppe sind wir die einzige Organisation in Deutschland, die auf dieser Selbsthilfebasis „arbeitet“. Nicht nur Austausch, sondern wirklich „Arbeit“ an uns selbst und miteinander stehen bei uns im Vordergrund.
Wir denken, dass wir als Verein ein wichtiges Sprachrohr für Betroffene sind.
Und wir wünschen uns, dass wir von Experten und auch Krankenkassen gehört werden.

Was sind die Ziele für die Zukunft des Vereines? Woran möchtet ihr noch mitwirken? Was ist euch wichtig noch zu erreichen? Mögt ihr einen kleinen Ausblick geben, was die „Welt“ noch zu erwarten hat?

Sassa und Thora: Für die nächsten Jahre hat der Verein noch einige Punkte, einige Ziele die uns allen wichtig sind, die angegangen werden sollen.